Lieber Unbekannter,
es sind zwei aufregende Wochen vergangen, und ich habe große Neuigkeiten: Mein Erntehaus steht endlich! Aber lass mich von Anfang an erzählen, wie alles begann und wie das gesamte Dorf mitgeholfen hat, damit ich ein neues Zuhause bekomme.
Es fing an, als ich Kenyatta im Rathaus traf. Sie hatte mir einen Bauplan für ein Erntehaus gezeigt, und ich wusste sofort, dass das genau das Richtige für meine Lichtung ist. Natürlich musste ich viele Materialien sammeln: Holz aus Bahari, Glas von angespültem Treibgut an der Korallenküste, Steine aus Kilima und Nägel, die mir Sifu in ihrer Schmiede extra angefertigt hat. Ihre Handwerkskunst beeindruckt mich immer wieder – ruhig und konzentriert schmiedete sie jedes Teil, als wäre es das Wichtigste auf der Welt. Der Muujin, mein treuer tierischer Begleiter, der mir seit meinem Gleiter-Abenteuer nicht von der Seite weicht, folgte mir auf Schritt und Tritt. Er half mir zwar nicht aktiv, aber seine Präsenz war beruhigend.
Der erste große Schritt war das Aufräumen der Lichtung. Delaila und Kenli halfen mir dabei. Es war viel chaotischer als gedacht – Fridolin, mein kleiner Krebs, krabbelte ständig dazwischen und sorgte für einige Lacher, als er versuchte, alles "auf seine Weise" zu ordnen. Kenli tat sein Bestes, aber er neigte dazu, sich die einfacheren Aufgaben auszusuchen. Jedes Mal, wenn es Essen gab, war er der Erste, der am Tisch saß, aber wenn es ums Aufräumen ging, war er mehr am Rande des Geschehens zu finden.
Roran war ein echter Segen – er packte mit an, wenn es darum ging, das Fundament zu legen. Wir arbeiteten mit schweren Steinen, die wir mühsam an Ort und Stelle hievten. Der Muujin tapste neugierig um uns herum, als wollte er sicherstellen, dass jeder Stein an seinem Platz lag. Es war harte Arbeit, aber mit jedem Stein, den wir setzten, fühlte sich das Projekt realer an.
Der Rahmen des Hauses bestand aus massiven Holzbalken, die wir gemeinsam aufstellten. Tisch, die begnadete Handwerkerin, stand mir zur Seite und sorgte dafür, dass alles gut zusammenpasste. Ihre schnellen und geschickten Hände waren eine riesige Hilfe, und wir schafften es, den Rahmen erstaunlich schnell aufzustellen. Als der Holzrahmen stand, feierten wir ein großes Richtfest. Das ganze Dorf kam zusammen, und es wurde ausgelassen gefeiert.
Zeki und Hassian lieferten sich ein spannendes Kletterduell auf den Balken, bis Zeki schließlich abstürzte – direkt in einen der riesigen Kochtöpfe, die Delaila bereitgestellt hatte. Das Gelächter war unbeschreiblich, besonders als Kenli fast seinen Teller fallen ließ, so sehr musste er lachen. Ashura, der Wirt des Ormuu-Horn-Gasthauses, beobachtete das Geschehen mit einem warmen Lächeln. Er war einer der ersten, die ich in Kilima traf, und er hat mir so viel geholfen, besonders als es darum ging, das Grundstück zu finden. Sein Lachen war ansteckend, doch in seinen strahlend blauen Augen lag immer eine tiefe Traurigkeit – eine Erinnerung an den Verlust seiner Frau, mit der er das Gasthaus aufgebaut hatte. Manchmal begleite ich ihn zu ihrem Grab, und wir legen gemeinsam Blumen nieder. Es ist eine stille, aber bedeutungsvolle Tradition, die uns beide verbindet.
Am nächsten Tag ging es an die Inneneinrichtung. Jel, der Schneider, half mir beim Tapezieren und Streichen. Sein feines Gespür für Farben und Muster war unglaublich hilfreich, und gemeinsam mit Tisch haben wir die Wände in sanften, warmen Tönen gestaltet. Ich hätte es mir nicht schöner vorstellen können. Eshe hingegen kam nur vorbei, um die Bauvorschriften zu überprüfen. Sie entdeckte immer wieder Kleinigkeiten, die angeblich "nicht der Norm" entsprachen, aber nichts davon war ernsthaft. Helfen tat sie jedoch nie – das war nicht ihre Art. Sie war eher die Kritikerin im Hintergrund, aber auf eine seltsame Weise war das sogar beruhigend.
Jina kam oft vorbei, um mir moralische Unterstützung zu geben. Ihre Anwesenheit brachte so viel Ruhe in das chaotische Geschehen, und jedes Mal, wenn sie in der Nähe war, spürte ich, wie etwas zwischen uns wuchs. Etwas, das ich vielleicht bald mutig genug bin, ihr zu gestehen. Ihre sanfte Art und ihre Hilfsbereitschaft haben mir in den letzten Wochen viel Kraft gegeben, und ich hoffe, dass auch sie spürt, wie sehr ich sie schätze.
Ein weiteres Highlight dieser Wochen war das Essen. Delaila kümmerte sich immer darum, dass wir gut versorgt waren. Es gab frisches Obst, deftige Eintöpfe und alles, was man sich nur wünschen konnte. Die Bauarbeiten waren anstrengend, aber dank Delailas Kochkünsten blieben wir alle bei Kräften. Kenli war natürlich immer der Erste, der sich am Buffet bediente, doch auch Zeki konnte sich nie zurückhalten und schnappte sich oft die größten Portionen.
Es gab auch einige Pannen während des Baus. Einmal kippte ein Eimer Farbe um und landete direkt auf Kenlis Füßen. Der Schock in seinem Gesicht war unbezahlbar! Wir alle konnten nicht aufhören zu lachen, und selbst der Muujin, der oft um uns herumschlich, schien die Aufregung zu genießen.
Am letzten Tag des Baus stellten wir die wenigen Möbel, die ich besaß, ins Haus. Es waren nur wenige: ein kleiner Tisch, ein paar Stühle und Regale, die ich selbst gezimmert hatte. Tisch erinnerte mich daran, dass sie noch viele Baupläne in ihrem Laden hat, und dass ich unbedingt vorbeikommen soll, um ein paar Ideen für neue Möbel zu sammeln.
Als ich das erste Mal in meinem fertigen Haus stand, umgeben von meinen Freunden, konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten. Jeder hatte mit angepackt, jeder hatte etwas beigetragen, und dieses Haus war nun mein Zuhause. Ich fühlte mich zutiefst dankbar, besonders gegenüber Ashura, der mir nicht nur als Wirt, sondern auch als Freund immer wieder zur Seite stand. In einem ruhigen Moment sprach er erneut von seiner verstorbenen Frau, und ich spürte den Schmerz in seinen Worten, aber auch die Erleichterung, dass er jemanden hatte, der ihm zuhören konnte.
Das Hausbau-Projekt hat mir nicht nur ein Zuhause gegeben, sondern auch die Beziehungen zu den Menschen und Majiri in Kilima gestärkt. Ich weiß, dass dies nicht das Ende, sondern der Anfang eines neuen Kapitels ist. Besonders die Gespräche mit Ashura und Jina haben mir so viel gegeben, und ich freue mich auf das, was die Zukunft noch bringen wird.
Mit Dankbarkeit und Vorfreude,
Nahrle